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Nachhaltigkeitsbewertung

Nachhaltigkeit ist keine objektiv messbare Kenngröße, sondern ein Leitbild. Aus dem Bedürfnis, die Erreichung dieses Leitbilds vergleichend bewerten und bereits in der Planungsphase steuern zu können, resultiert der Wunsch nach Quantifizierung.

Ziel aktueller Nachhaltigkeitsbewertungen ist daher die Messbarkeit und Vergleichbarkeit der Qualität von Gebäuden. Wie in Gebäudezertifizierung näher beschrieben wird, zeigen Gebäudezertifizierungssysteme auf, in welchem Ausmaß die Ziele des jeweiligen Bewertungssystems erreicht worden sind. Systemimmanent ist dabei, dass eine vollständige Bewertung erst nach Fertigstellung des Gebäudes möglich ist – also wenn es für Änderungen bereits zu spät ist. Daher ist es wünschenswert, planungsbegleitend mit steigender Genauigkeit entsprechend dem Planungsfortschritt zu bewerten. Geeignete Werkzeuge dazu sind derzeit aber erst in Entwicklung.

Jede ganzheitliche Bewertung benötigt aber eine Bezugsgröße, die den Nutzen, also die Funktionalität, quantifiziert. Der Nutzen eines Bauteils besteht meist nicht in der Erfüllung einer einzigen Eigenschaft. Tragende Außenwände beispielsweise müssen heute eine Vielzahl von Anforderungen erfüllen, von der Tragfähigkeit über die thermische und akustische Bauphysik bis zum Brandschutz.

Ein Vergleich unterschiedlicher Wandsysteme zur Auswahl des für einen konkreten Fall optimalen Bauteils ist nur möglich, wenn funktional gleichwertige Wandsysteme miteinander verglichen werden. In der europäischen Normung wird dies als funktionale Äquivalenz bezeichnet.

Gerade bei den thermischen Eigenschaften etwa einer Außenwand ist eine funktionale Äquivalenz kaum zu gewährleisten, da beispielsweise beim sommerlichen Wärmeschutz nicht nur Transmission und Speicherfähigkeit der Außenwand von Bedeutung sind, sondern auch andere Bauteile wie Decken oder Innenwände einen Beitrag zu den speicherwirksamen Massen liefern.

Weiters sind auch außenliegende Verschattungselemente zu berücksichtigen, deren unterschiedliche Stellungen Energiedurchlässigkeit, Durchblick oder Reflexionsgrad ebenso wie die passive Solarenergienutzung im Winter beeinflussen.

Bei Bewertung auf Gebäudeebene ist dies noch wesentlich vielschichtiger und komplexer. Allerdings ist eine Bewertung auf Baustoffebene nicht möglich, 1 kg Stahl ermöglicht andere Funktionalitäten als 1 kg Holz oder 1 kg Beton.
Dies veranschaulicht, warum eine Bewertung nur auf Bauteilebene, bei umfassenden Bewertungen besser auf Gebäudeebene erfolgen kann. Um eine messbare Bezugsgröße für Vergleiche zu haben, verwendet man – je nach Bewertungsgegenstand und -ebene – die sogenannte „funktionale Einheit“, den quantifizierten Nutzen eines Produktsystems.
Für einen Vergleich unterschiedlicher Wandsysteme wählt man beispielsweise den m² Wandfläche (bei identischem funktionalem Äquivalent), bei Bewertung auf Gebäudeebene und annähernd gleicher Geschoßhöhen den m² Nettogrundfläche (NGF).

Bewertung des Umweltverhaltens (ökologische Nachhaltigkeit)

Auch wenn die Anwendung des europäischen Regelwerks für nachhaltiges Bauen sowie aller Normen grundsätzlich nicht verpflichtend ist, werden Bauprodukteerzeuger künftig das Umweltverhalten der von ihnen in Verkehr gebrachten Bauprodukte in Form von sogenannten Umweltproduktedeklarationen (EPDs, Environmental Product Declarations) offenlegen.

Die darin enthaltenen Umweltdaten (z. B. Primärenergieinhalt, Treibhauspotenzial etc.) werden für das deklarierte Produkt in der Regel je deklarierter Einheit angegeben. Auf dieser Basis kann daher keine Bewertung und schon gar kein Vergleich erfolgen. EPDs liefern jedoch wichtige Basisdaten für die Charakterisierung des Umweltverhaltens von Bauprodukten im Rahmen von Gebäudezertifizierungen. Dabei können grundsätzlich sowohl generische Daten z. B. aus Datenbanken herangezogen werden, produktspezifische EPDs einzelner Hersteller oder sogenannte Branchen-EPDs.

 

Eine Auswahl von Bauprodukten nach ökologischen Gesichtspunkten oder ein Vergleich mehrerer Produkte untereinander auf Grundlage einer EPD allein sollte jedoch keinesfalls erfolgen.

Offenlegung des Umweltverhaltens von Bauprodukten mittels EPDs

Während in Deutschland schon seit einigen Jahren Umweltproduktdeklarationen vom IBU-Institut Bauen und Umwelt e.V. veröffentlicht werden, tritt in Österreich erst seit 2014 die Bau EPD GmbH als Programmbetreiber auf. Von dieser Plattform können österreichische EPDs heruntergeladen werden, unter anderem auch 4 Ziegel-EPDs, geschützte Mauer- und Deckenziegel sowie Tondachziegel, jeweils mit Basisdaten der Datenbanken „ecoinvent“ in der aktuellen Version 3.1 und „GaBi“ (Stand 1. Hälfte 2015).

Nach einer Übersicht über die technischen Daten des deklarierten Produktes erfolgte eine Beschreibung des Lebenszyklus, beginnend bei der Herstellung über die Errichtung sowie Nutzung bis zur Verwertungsphase. Dabei wird auch eine Referenznutzungsdauer (RSL – reference service life) von 100 Jahren angegeben (unter Verweis auf das PKR-Dokument der Bau EPD GmbH). Der Abschnitt Nachnutzungsphase enthält Hinweise zu Recycling und Entsorgung.

Jeder EPD liegen methodische Annahmen zugrunde, die auch offenzulegen sind. So können nach EN 15804 unterschiedliche zeitliche Bilanzgrenzen angenommen werden. Bei der Ziegel-EPD handelt es sich um eine Deklaration „von der Wiege bis zur Bahre“. Die deklarierte Einheit beträgt 1 t (Tonne).

Das deklarierte Produkt stellt einen Durchschnittsziegel verschiedener österreichischer Hersteller (18 Produktionsstandorte), die EPD somit einen repräsentativen Durchschnitt dar („BranchenEPD“). In den zugrunde liegenden Annahmen werden auch solche zu den Abschneidekriterien und Vernachlässigungen gemacht. Die deklarierten Indikatoren beruhen auf ecoinvent-Daten.

 

zeigt die deklarierten Lebenszyklusphasen der Ziegel-EPD
Tabelle 8-04: zeigt die deklarierten Lebenszyklusphasen der Ziegel-EPD

 

Für die einzelnen Phasen gemäß Tabelle 8-04 werden nähere Angaben zu den getroffenen Annahmen gemacht wie z. B. österreichischer Strommix, Ökostromanteil oder Annahmen zum Transport zur Baustelle oder zur Entsorgungsphase (z. B. Anteile Verwertung/Recycling, Deponierung etc.).
Tabelle 8-05 bis Tabelle 8-08 zeigen die deklarierten Umweltindikatoren, gemäß ÖNORM EN 15804, getrennt nach Parametern zur Beschreibung der Wirkungsabschätzung, des Ressourceneinsatzes, der Abfallkategorien und des Verwertungspotenzials in der Entsorgungsphase.

 

Deklaration der Umweltindikatoren: Parameter zur Beschreibung der Wirkungsabschätzung für 1 Tonne produzierte geschützte Mauer- und Deckenziegel
Tabelle 8-05: Deklaration der Umweltindikatoren: Parameter zur Beschreibung der Wirkungsabschätzung für 1 Tonne produzierte geschützte Mauer- und Deckenziegel

 

Deklaration der Umweltindikatoren: Parameter zur Beschreibung des Ressourceneinsatzes für 1 Tonne produzierte geschützte Mauer- und Deckenziegel
Tabelle 8-06: Deklaration der Umweltindikatoren: Parameter zur Beschreibung des Ressourceneinsatzes für 1 Tonne produzierte geschützte Mauer- und Deckenziegel

 

Deklaration der Umweltindikatoren: Parameter zur Beschreibung von Abfallkategorien für 1 Tonne produzierte geschützte Mauer- und Deckenziegel
Tabelle 8-07: Deklaration der Umweltindikatoren: Parameter zur Beschreibung von Abfallkategorien für 1 Tonne produzierte geschützte Mauer- und Deckenziegel

 

Deklaration der Umweltindikatoren: Parameter zur Beschreibung des Verwertungspotenzials in der Entsorgungsphase für 1 Tonne produzierte geschützte Mauer- und Deckenziegel
Tabelle 8-08: Deklaration der Umweltindikatoren: Parameter zur Beschreibung des Verwertungspotenzials in der Entsorgungsphase für 1 Tonne produzierte geschützte Mauer- und Deckenziegel

 

In der abschließenden Interpretation der Ergebnisse erfolgt eine kurze verbale Beschreibung, in welcher Phase des Lebenszyklus welche Umweltwirkungen entstehen. Erwartungsgemäß steht beim Ziegel die Herstellungsphase im Vordergrund, insbesondere durch Treibhauspotenzial und abiotischen Ressourcenverbrauch. Dies ist vor allem auf den Brennprozess zurückzuführen, der aber andererseits auch für die hohe Dauerhaftigkeit keramischer Baustoffe verantwortlich ist. Die Lebensdauer von Ziegeln liegt in der Regel deutlich höher als die Nutzungsdauer von Gebäuden, weshalb – von Umbauten o. ä. abgesehen — kein Austausch während des Lebenszyklus eines Gebäudes erforderlich ist. Dazu kommt, dass Ziegel praktisch wartungsfrei sind und zwischen Einbau und Gebäudeabbruch („Rückbau“) keine Energie verbrauchen oder Emissionen verursachen.

Wie schon in Europäische Normung zum nachhaltigen Bauen ausgeführt, wird derzeit auf europäischer Ebene über die Notwendigkeit zusätzlicher Umweltindikatoren diskutiert, diverse Studien, u. a. in angeführt, weisen darauf hin, dass verschiedene Wirkungskategorien wie Landverbrauch, Human- und Ökotoxizität oder Feinstaubpartikel in den aktuellen europäischen Normen nicht oder nur unzureichend abgebildet sind. In Vorwegnahme diese Entwicklung sind der Ziegel-EPD im Anhang A einige dieser Indikatoren als ergänzende Information angeführt:

 

Parameter zur Beschreibung der Toxizität für 1 Tonne geschützte Mauer- & Deckenziegel
Tabelle 8-09: Parameter zur Beschreibung der Toxizität für 1 Tonne geschützte Mauer- & Deckenziegel

 

Parameter zur Beschreibung des Landverbrauchs für 1 Tonne geschützte Mauer- & Deckenziegel
Tabelle 8-10: Parameter zur Beschreibung des Landverbrauchs für 1 Tonne geschützte Mauer- & Deckenziegel

 

Parameter zur Beschreibung der Flächennutzung – Okkupationsindikatoren für 1 Tonne geschützte Mauer- & Deckenziegel
Tabelle 8-11: Parameter zur Beschreibung der Flächennutzung – Okkupationsindikatoren für 1 Tonne geschützte Mauer- & Deckenziegel

 

Aktuelle EPDs werden heute nur mehr auf Grundlage der EN 15804 erstellt und liefern die Umweltdaten für die ökologische Bewertung im Rahmen von Gebäudezertifizierungen. Schwachpunkt sind dabei heute noch die Basisdaten, beispielsweise für Vorprozeßketten, wofür die Ersteller von EPDs auf Datenbanken zurückgreifen.

Die gebräuchlichsten sind dabei die Schweizer „ecoinvent“-Datenbank (http://www.ecoinvent.org) sowie die deutsche GaBi (Ganzheitliche Bilanzierung, www.lbpgabi.de) einschließlich der gleichnamigen Software.

EPDs legen das Umweltverhalten von Bauprodukten über den Lebenszyklus offen, sind aber nicht geeignet, Bauprodukte hinsichtlich ihrer Umweltwirkungen miteinander zu vergleichen. Dies erfordert die Berücksichtigung der Funktionalität, dargestellt in Form des „funktionalen Äquivalents“, was nur auf Bauteil- oder Gebäudeebene möglich ist.

Struktur der Bewertung

 

Konzeption der Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden in der europäischen Normung
Abbildung 8-12: Konzeption der Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden in der europäischen Normung

 

Vereinfachte vergleichende Bewertung von Außenwänden unterschiedlichen Aufbaus

In „Ökologischer und ökonomischer Vergleich von Außenwandaufbauten im mehrgeschoßigen Wohnbau in Österreich“ (Guttenbrunner, 2015) wurden zunächst sechs verschiedene, im mehrgeschoßigen Wohnbau häufig vorkommende Außenwandaufbauten einer vergleichenden Bewertung hinsichtlich ihrer ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeit unterzogen. Die ökologische Bewertung erfolgte mittels der Methode der Ökobilanzierung, die ökonomische mit der Barwertmethode. Als zeitliche Bilanzgrenze wurde eine Nutzungsdauer des Gebäudes von 80 Jahren angenommen. Zur Ermittlung der Umweltwirkungen wurden folgende Phasen des Lebenszyklus im Sinne der ÖNORM EN 15804 berücksichtigt:

  • Herstellung: A1 bis A3
  • Nutzung: B4 Austausch
  • Entsorgung: C4 Beseitigung

Der Bewertung wurde ein fiktives, mehrgeschoßiges Wohngebäude zugrunde gelegt, wobei nur die (bewertungsgegenständlichen) Außenwände in die Berechnung eigegangen sind. Als Vergleichseinheit wurde der m² Nutzfläche (im Sinne des MRG) festgelegt. Der ökologischen Bewertung wurden die Indikatoren der EN 15804 zugrunde gelegt:

 

Abbildung 8-13

 

Abbildung 8-13 zeigt die Gegenüberstellung der 4 Ziegelvarianten am Beispiel der Umweltwirkung Klimawandel, ausgedrückt durch den Indikator „Treibhauspotenzial“ GWP. Zum besseren Vergleich wurden die Einzelwerte auf den jeweiligen Mittelwert der Wandbausysteme bezogen und alle Umweltwirkungen gleich gewichtet. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, alle betrachteten Umweltwirkungen zu berücksichtigen und die jeweiligen Bauweisen in allen Umweltwirkungen gegenüberzustellen.

Die Ergebnisse sind für die 4 betrachteten Ziegelbauweisen aus Abbildung 8-20 ersichtlich, den untersuchten Ziegelvarianten wurde folgende Aufbauten zugrunde gelegt:

  • 38 cm HLZ porosiert, Steinwollefüllung, 4 cm WD-Putz
  • 25 cm HLZ porosiert, WDVS mit 20 cm EPS
  • 25 cm HLZ porosiert, 18 cm Steinwolle, 12 cm Klinker hinterlüftet
  • 50 cm HLZ porosiert, 5 cm WD-Putz außen

 

Treibhauspotenzial der untersuchten Außenwandaufbauten in Ziegelbauweise
Abbildung 8-13: Treibhauspotenzial der untersuchten Außenwandaufbauten in Ziegelbauweise

 

Vergleich der Bewertungsergebnisse der Wirkungskategorien und der Ressourceninanspruchnahme der untersuchten Außenwandaufbauten in Ziegelbauweise
Abbildung 8-14: Vergleich der Bewertungsergebnisse der Wirkungskategorien und der Ressourceninanspruchnahme der untersuchten Außenwandaufbauten in Ziegelbauweise

 

Diese vereinfachte Darstellung zeigt, wie die gewichteten Ergebnisse der Umweltwirkungen für die jeweilige Bauweise anhand der 7 Wirkungskategorien offengelegt werden können (∑ der Mittelwerte = 7,00).

Demnach schneiden sowohl das 38-cm-HLZ-Mauerwerk (Mineralwolle-gefüllt) als auch das 50cm-Mauerwerk (monolithisch) mit 75 % bzw. 71 % des Durchschnitts am besten ab, während das zweischalige Ziegelmauerwerk mit Klinkervorsatzschale und das 25-cm-HLZ-Mauerwerk mit WDVS wegen des hohen POCP-Werts höhere Werte aufweisen (115 % des Durchschnitts).

Weitere Parameter wie z. B. die Rezyklierbarkeit sind in diesem Beispiel nicht berücksichtigt.

Zu beachten ist, dass in diese Bewertung mit Ausnahme der Außenwände keine anderen Bauteile eingeflossen sind, die Absolutwerte daher nicht mit anderen Bewertungen vergleichbar sind.

Umweltwirk. Einfamilienhaus - unterschiedliche Bauweisen & Haustechnikkonzepte

Ziel dieses Forschungsvorhabens, das im Rahmen des Programms „Haus der Zukunft“ gefördert wurde, war es, die Auswirkungen verschiedener Bauweisen und Haustechnikkonzepte (Einzelofen, Pelletsheizung, Wärmepumpe) sowie Energiestandards (Niedrigenergie-, Passiv-, Sonnen- und Plusenergiehaus) auf Umweltwirkungen und Lebenszykluskosten anhand eines standarisierten Einfamilienhauses zu untersuchen.

Abbildung 8-15 zeigt eine Gegenüberstellung der untersuchten Ziegelbauweisen am Beispiel des Wirkungsindikators Treibhauspotenzial (GWP100). Anlog den zuvor dargestellten Untersuchungen wurden die gleichen Lebenszyklusphasen den Berechnungen zugrunde gelegt, also A1 bis 3, B4 und C4, kein Betrieb.

 

Treibhauspotenzial der untersuchten Außenwandaufbauten in Ziegelbauweise
Abbildung 8-15: Treibhauspotenzial der untersuchten Außenwandaufbauten in Ziegelbauweise

 

Zu beachten ist, dass die errechneten Umweltwirkungen am Beispiel des jährlichen Treibhauspotenzials je m2 Nutzfläche und Jahr dargestellt sind. Eine der wesentlichen Erkenntnisse dieses Forschungsvorhabens war die Tatsache, dass bei Betrachtung auf Gebäudeebene über den Lebenszyklus der Einfluss der Bauweise und der verwendeten Bauprodukte an Bedeutung verliert und von anderen Einflussfaktoren bei Weitem überlagert wird.

Dazu zählen insbesondere das Haustechnikkonzept und der Energiestandard ebenso wie das Nutzerverhalten. Dies gilt nicht nur für die Umweltwirkungen, sondern auch für die Lebenszykluskosten, wo nach dieser Studie das Ziegelgebäude in Niedrigenergiebauweise mit Wärmepumpe ohne äußere Wärmedämmung den niedrigsten Gesamtbarwert aufweist.

Anzumerken ist, dass mit dem Indikator „Treibhauspotenzial“ als beispielhafte Darstellung der Umweltwirkungen von Bauprodukten der für den Ziegel „ungünstigste“ gewählt wurde, zumal Baustoffe, die für ihre Erzeugung energieintensive Brennprozesse erfordern, besonders hohe Werte für diesen Indikator nach sich ziehen. Gleichwohl haben beide Studien gezeigt, dass bei Betrachtung über den Lebenszyklus (bei Nutzungsdauern ≥50 Jahren) der Einfluss der Herstellungsphase an Bedeutung verliert (siehe oben), wenn es sich um praktisch wartungsfreie, robuste Bauprodukte mit langer Lebensdauer handelt (Lebensdauer ≥Nutzungsdauer). Dies gilt sowohl für die ökologische als auch für die ökonomische Dimension der Nachhaltigkeit.

Bewertung der ökonomischen Qualität

Für die Bewertung der ökonomischen Qualität gibt es in ÖNORM EN 15643-4 zwei Ansätze, die sich auch im Gebäudezertifizierungssystem der ÖGNI bzw. DGNB (siehe Gebäudezertifizierung) wiederfinden:

  1. ökonomische Qualität, ausgedrückt durch die Lebenszykluskosten des Gebäudes
  2. ökonomische Qualität, ausgedrückt als finanzieller Wert über den Lebenszyklus (also als diskontierter Erlös abzüglich der über den Lebenszyklus entstandenen Kosten)

Nähere Angaben zur Ermittlung der Lebenszykluskosten von Gebäuden finden sich neben der Normenreihe ISO 15686 für den Bereich der Instandhaltung insbesondere in der neuen ÖNORM B 1801-4 „Bauprojekt – und Objektmanagement: Berechnung von Gebäudelebenszykluskosten“. Die Entwicklung einer Methode, bereits in der Planungsphase eines Gebäudes die Folgekosten zu prognostizieren, waren auch Gegenstand eines Forschungsprojekts im Rahmen des Forschungsprogramms Nachhaltigkeit – massiv.

Wichtig ist, dass allen ganzheitlichen Bewertungen der ökologischen, sozialen und ökonomischen Qualität die gleichen funktionalen Äquivalente zugrunde gelegt werden. Da ganzheitliche Bewertungen sinnvollerweise nur auf Gebäudeebene wie z. B. im Rahmen von Zertifizierungssystemen erfolgen können, gibt die Gebäudezertifizierung einen Überblick über die in Österreich gebräuchlichsten Systeme.

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